Heimatlexikon Thaleischweiler-Fröschen – 2 f) Politische Geschichte (5) Zugehörigkeit zu Bayern

Zugehörigkeit zu Bayern (1816 — 1935)

(Buch 750 Jahre Thaleischweiler-Fröschen, Christian Gortner)

Das Mühlenhäuschen am Ende der Mühlgasse mit Stall und Scheuer und zwei oberhalb gelegenen Wiesen wurde im Jahr 1858 von Eduard Hünenberger ersteigert. Das Häuschen stand noch bis zum Jahre 1951, in dem es abgerissen und einem modernen Wohnhaus weichen mußte.
Im Jahr 1846 ist ein Ereignis erwähnenswert, das erst drei Jahre später an Bedeutung gewinnen sollte. Der königlich bayerische Ministerialsekretär Dr. Theodor Greiner, ein Sohn des Thaleischweiler Pfarrers Karl Greiner (1810-1851) hielt auf dem freien Platz vor dem Toussaintschen Haus (heute Gasthaus Golsong) eine revolutionäre Rede. Bei den Unruhen im Jahr 1849 in der Pfalz finden wir ihn in der provisorischen Regierung der Pfalz in Kaiserslautern als Minister des Äußeren. Als die Unruhen von den Preußen niedergeschlagen wurden, floh Greiner nach Amerika und starb 1861 in New Heaven. Er wurde 1850 von dem Appellationsgericht der Pfalz in Zweibrücken als Mitglied der provisorischen Regierung unter anderem der bewaffneten Rebellion, des Hoch-und Staatsverrats beschuldigt und in Abwesenheit zum Tode verurteilt.
Thaleischweiler war infolge seiner geographischen Lage seit urdenklichen Zeiten ein Bindeglied zwischen der östlichen Sickinger Höhe und der Hackmesserseite in nordsüdlicher Richtung vor allem mit Pirmasens und dem oberen und unteren Schwarzbachtal in ostwestlicher Richtung und umgekehrt. Die Straßen, die die einzelnen Orte miteinander verbanden, waren meist felsige und sandige und auf den Höhen lehmige Wege, die nach unseren heutigen Begriffen keinen Anspruch auf den Namen „Straße" erheben konnten. In den Jahren vor und nach 1860 wurden die Verkehrsverbindungen in unserem Raum wesentlich verbessert, zum Teil erhielten sie vollkommen neue Trassenführungen. Die heutige Bezeichnung für die „Herschberger Straße", deren Sinn man heute schwerlich versteht, weil man auf ihr nicht mehr nach Herschberg gelangen kann, hatte in den alten Zeiten noch ihre Berechtigung, weil sie tatsächlich nach Herschberg führte. An diesem Beispiel mag man ersehen, wie sich die Verhältnisse in dieser Beziehung doch geändert haben.
In den Jahren 1858/59 wurde die Straße Pirmasens — Höhfröschen - Thaleischweiler angelegt und gleichzeitig eine eiserne Brücke über den Schwarzbach in der heutigen Bahnhofstraße gebaut. Die bisherige Verbindung mit Thalfröschen führte über die sogenannte „Eischweiler Brücke" am Fuße des Brückenberges (ungefähr bei der Einmündung des Schwarzbachs in die Kronenstraße) über den alten Lauf des Schwarzbachs. Die Straße wurde 1859/60 nach Höheinöd weitergeführt. 1862/63 folgte noch die Straße Thaleischweiler - Faustermühle — Rieschweiler und Thaleischweiler — Biebermühle. Die Straße Faustermühle — Rosselmühle — Herschberg wurde erst im Jahr 1901 erbaut. An den Baukosten für die Straßen mußten sich auch damals die Bürger beteiligen. Auf den Gulden Steuer fielen ein Gulden 30 Kreuzer Umlagen. Allerdings konnte man durch Fuhrleistungen die Umlagen abverdienen. Damit war Thaleischweiler an ein für die damaligen Zeiten gutes Straßennetz angeschlossen. Die Verkehrsverhältnisse für Thaleischweiler besserten sich noch einmal wesentlich durch die Eröffnung und Inbetriebnahme der Bahnstrecke Landau — Zweibrücken im Herbst 1975 (7. November 1875). Was der Anschluß an das Eisenbahnnetz in jener Zeit für die beiden Orte und die Menschen bedeutete, können wir im Zeitalter der Raketen und Mondflüge gar nicht richtig ermessen.

Auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses vom 6. Dezember 1871 wurde vorn Griesbrunnen durch die Hauptstraße mit gußeisernen Rohren eine zirka 600 Meter lange Wasserleitung verlegt, die am alten Schulhaus (im Hof des heutigen Rathauses) endigte. Dazwischen waren ungefähr im Abstand von 150 Metern Zapfstellen angebracht, an denen sich die Bewohner mit dem kostbaren Naß versorgen konnten. Vor der Jahrhundertwende entstanden auch infolge des Aufschwungs der Schuhindustrie in Pirmasens in Thaleischweiler zahlreiche Schuhfabriken, die wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung des Ortes beigetragen haben. Die erste Schuhfabrik in Thaleischweiler wurde von Jakob Bauer im Jahre 1888 in der Biebermühler Straße gegründet. Andere Gründungen folgten, so daß Thaleischweiler und Fröschen vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges über eine Reihe mittelständischer Schuhfabriken verfügten. Die bedeutendsten waren August Dubois, Karl Gortner, Georg Sauer, August Rothhaar, Jakob Knecht. Der Aufschwung in der Schuhindustrie fand auch in den steigenden Einwohnerzahlen ihren Niederschlag. 1871 wurden in Thaleischweiler 796 und in Thalfröschen 380 Einwohner registriert. 1905 waren es in Thaleischweiler 1 256 und in Fröschen . Das ist in Thaleischweiler eine Zunahme von 57,79 Prozent und in Thalfröschen von 50,26 Prozent. Diese außerordentliche Zuwachsrate der Bevölkerung ist natürlich nicht nur allein auf den Wohlstand infolge des Aufschwungs der Schuhindustrie in den beiden Orten, sondern auch auf Zuzüge zurückzuführen, weil die Menschen hier ihr Brot und Auskommen fanden, und dadurch die Arbeitswege auf ein Minimum beschränkt wurden. Eine krasse Außenseiterposition nahm diesbezüglich das ganz von der Landwirtschaft abhängige Herschberg ein, das im gleichen Zeitraum eine Zunahme von nur elf Personen (1,5 Prozent) zu verzeichnen hatte. Dagegen hat Höhfröschen infolge seiner eigenen Schuhfabriken eine noch höhere Zuwachsrate (61,15 Prozent) als Thaleischweiler und Thalfröschen.

Dieses plötzliche Emporschnellen der Bevölkerung hatte natürlich auch eine rege Bautätigkeit zur Folge. Im Jahre 1880 erstreckte sich der Ort entlang der Hauptstraße mit einigen Ausnahmen von der heutigen Schwarzbachstraße bis zur Kreuzung Höheinöder/Bahnhofstraße, wobei die Kirch-, Kloster- und Mühlgasse wie auch der Hahnen bebaut waren. Sowohl die Zweibrücker als auch die Bahnhof- und Biebermühler Straße mit Ausnahme einiger Baulücken wurden bis zum Ersten Weltkrieg verbaut. Ähnlich war es in Thalfröschen. Dadurch erhielten die beiden Orte ihr typisches Gepräge als Straßendörfer.
Die Errungenschaften der damaligen Technik machten sich auch in unseren beiden Gemeinden bemerkbar. Im Jahre 1908 wurde an der heutigen Wiesenstraße ein modernes Wasserwerk gebaut und in den Straßen eine Wasserleitung verlegt, an die jedes Haus angeschlossen wurde. Damit wurde auf hygienischem Gebiet ein wesentlicher Fortschritt erzielt. Nur zwei Jahre später wurden die beiden Orte an das elektrische Stromnetz angeschlossen und die Voraussetzungen für eine Industrialisierung der aufblühenden Schuhindustrie geschaffen.
Die friedliche und stetige Aufwärtsentwicklung wurde durch den Beginn des Ersten Weltkrieges jäh unterbrochen. Die erst 1913 gebaute und gerade in Betrieb genommene Schule in Thalfröschen wurde bis Kriegsende als Lazarett benutzt.
Die Lebensmittel wurden bei Beginn des Krieges rationiert und Lebensmittelkarten eingeführt. Zum Glück hatten wir hier eine kleinbäuerliche Struktur, die den Bewohnern über das Gröbste hinweghalf. Neben den Bauern, die den meisten Grundbesitz innehatten, besaßen die Arbeiter einen Hausgarten, eine Wiese mit Obstbäumen und einen kleinen Acker. Dadurch war es ihnen möglich, das Gemüse, den Salat, Karotten, Erbsen und Bohnen sowie ihre Kartoffeln selbst anzupflanzen. Meistens standen noch ein oder zwei Kühe oder etliche Ziegen im Stall, es wurden Hühner gehalten, so daß man sich mit den Erträgen einigermaßen über Wasser halten und den gröbsten Hunger vermeiden konnte. Nachdem die Männer zum Militärdienst eingezogen waren, lag die Hauptlast auf den Frauen, denen die Kinder bei der Arbeit beistehen mußten. Der Krieg riß natürlich auch Lücken in die Reihen der Familien. Von Thaleischweiler kehrten 50 Männer und von Thalfröschen 10 nicht mehr in die Heimat zurück. Zum Glück war unsere Heimat im Gegensatz zum Zweiten Weltkrieg von feindlichen Kampfhandlungen verschont geblieben. Nach vier Jahren heldenhaften Ringens gegen eine Welt von Feinden mußte sich Deutschland schließlich der Übermacht beugen und in einen Waffenstillstand einwilligen. Aufgrund der Waffenstillstandsbedingungen wurde das linke Rheinufer durch Truppen der Siegermächte besetzt, wobei die Besetzung der Pfalz den Franzosen zufiel. An der Besetzung hat ein buntes Völkergemisch, vor allen Dingen Farbige, teilgenommen. Die letzten zurückgehenden deutschen Soldaten hatten kaum das Dorf verlassen, als eine französische Kompanie mit aufgepflanztem Seitengewehr einrückte. Die Franzosen waren eine Zeitlang in Thaleischweiler einquartiert, bis sie in Richtung Landau abzogen. Erklärtes Ziel der Franzosen war die Abtrennung der Pfalz von Bayern und dem Deutschen Reich sowie die Gründung einer unabhängigen Republik „Freie Pfalz". Die gleichen Bestrebungen waren auch im Rheinland im Gange, die hier wie in der Pfalz von den Separatisten unterstützt wurden. Am 10. Januar 1920 trat der Versailler Vertrag in Kraft, der den Deutschen kaum eine wirtschaftliche Überlebenschance ließ. Durch ihn wurden weite Teile für immer von Deutschland getrennt und die Besetzung des gesamten linken Rheinufers auf 15 Jahre durch die Siegermächte vertraglich festgelegt. Das Saargebiet wurde vom Deutschen Reich gelöst, und die Verwaltung für 15 Jahre dem Völkerbund übertragen. Um die wertvollen Kohlengruben um das damals pfälzische St. Ingbert ausbeuten zu können, wurden der pfälzische Bezirk St. Ingbert, Teile des Bezirks Zweibrücken und Homburg mit der Stadt Homburg selbst dem Saargebiet angegliedert. Deutschland hatte neben den ungeheuren Reparationsleistungen und Kriegsentschädigungen die gesamten Unterhaltungskosten der in den besetzten Gebieten stationierten fremden Streitkräfte zu tragen.
Die folgenden Jahre waren von einer steigenden Inflation, einem zunehmenden Separatismus und einer niedergehenden Wirtschaft gekennzeichnet, die fast den völligen Zusammenbruch des Reiches herbeiführten. Am 11. Januar 1923 besetzten Franzosen und Belgier unter ausdrücklicher Mißbilligung Englands und der Vereinigten Staaten das Ruhrgebiet, weil das Reich „böswillig" die vertraglich festgesetzten Lieferungen nicht geleistet habe. Das Reich seinerseits stellte die Aktion der französisch/belgischen Regierung als eine schwere Verletzung des Völkerrechts und des Vertrags von Versailles dar und verbot den Beamten und Arbeitern der Reichsbahn, Kohlen für diese beiden Länder zu befördern1S'). Die Interalliierte Rheinlandkommission ordnete daraufhin an,
daß die Verwaltung und der Betrieb der Eisenbahn des besetzten Gebietes den deutschen Behörden entzogen und in der Pfalz den französischen Militärbehörden übergeben wurde. Der gesamte pfälzische Eisenbahnbetrieb wurde stillgelegt. Als Antwort auf diese Maßnahme lehnte es die Bevölkerung ab, mit der Bahn zu fahren und übte passiven Widerstand. Die Eisenbahner weigerten sich, für die Franzosen tätig zu sein, was die Ausweisung derselben und ihrer Familien zur Folge hatte. Die Maßnahmen' des passiven Widerstandes wirkten sich bis in unsere Gemeinde aus. Am 27. September 1923 wurden die Anordnungen, die den passiven Widerstand zur Pflicht gemacht hatten, durch Reichsverordnung wieder aufgehoben. Die Franzosen forderten die Eisenbahner durch Anschlag zur Arbeitsaufnahme auf. In diesem Zusammenhang waren in der Pfalz fast 20 000 Personen ausgewiesen worden.
Inzwischen war der Zerfall der deutschen Währung immer weiter fortgeschritten. Die Beträge für eine Goldmark gingen allmählich in die Billionen. Die einzelnen Städte waren dazu übergegangen, selbst Notgeld zu drucken. Oft wurden die Arbeiter tageweise ausbezahlt, weil man am nächsten Tag nichts mehr dafür kaufen konnte. Die Bauern wollten ihre Erzeugnisse gegen dieses Notgeld nicht mehr abgeben. Am 15. Dezember 1923 wurde eine neue Währung eingeführt. Eine Rentenmark für eine Billion alter Reichsmark. Besonders betroffen von dieser Umstellung waren die vielen kleinen Sparer, deren letzte Notgroschen damit verlorengingen.
In diesem Jahr drohte dem Reich eine andere Gefahr, nämlich von seiten der Separatisten. Frankreich hätte 1918 schon gern das ganze Rheinland annektiert. Dieses Vorhaben stieß jedoch auf den Widerstand seiner anderen Verbündeten. Nachdem es sein Ziel auf diesem Weg nicht erreichen konnte, versuchte es dieses mit Hilfe der Separatisten zu verwirklichen. Deshalb unterstützte es diese in jeder Hinsicht.
Im Laufe des November wurden fast sämtliche größeren Städte in der Pfalz besetzt, am 12. November 1923 verkündeten sie von Speyer aus die „Autonome Republik" und verhängten das Standrecht für die Pfalz. Am 23. November 1923 besetzten sie Ludwigshafen, am 29. November Pirmasens und am 3. Dezember Zweibrücken. Die höheren Beamten wurden zum größten Teil verhaftet und ausgewiesen, die Regierungsposten durch unfähige Personen besetzt.
Am 9. Januar 1924 wurde der Präsident der „Autonomen Republik Pfalz" und Führer der pfälzischen Separatisten, Heinz aus Orbis, im Wittelsbacher Hof in Speyer erschossen. Am 12. Februar räucherte eine aufgebrachte Volksmenge die Separatisten im Bezirksamt Pirmasens in der Bahnhofstraße aus. Der Feuerschein des brennenden Gebäudes war vom Rübenberg aus an dem nächtlichen Himmel deutlich zu sehen. Auf beiden Seiten gab es Tote und Verletzte, darunter auch den praktischen Arzt Dr. Anstett. Der blutige Sturm auf das Bezirksamt kostete auf seiten der Bürger sechs Menschen das Leben, daneben gab es zwölf Verletzte. Von den Separatisten waren 14 sofort tot, zwei erlagen im Krankenhaus ihren Verletzungen. Unter der Bevölkerung der Pfalz knisterte und brodelte es überall.
Dieses Fanal von Pirmasens sprang wie ein Feuerball auf die anderen pfälzischen Städte über. Bereits einen Tag später räumten die Separatisten Zweibrücken und Waldmohr und in der Nacht auch Landau. In anderen Städten wie Kaiserslautern, Bergzabern, Bad Dürkheim, Ludwigshafen usw. versuchte die Bevölkerung, die Separatisten aus den Bezirksamtsgebäuden zu vertreiben, was aber durch das Eingreifen der Franzosen vereitelt wurde.
Aufgrund dieser Ereignisse sah sich die Interalliierte Rheinlandkommission gezwungen, am 14. Februar eine Sonderkommission in der Pfalz einzusetzen, um die Ruhe und Ordnung wiederherzustellen und um weitere Zwischenfälle wie in Pirmasens zu vermeiden. Bereits einen Tag später verhandelte sie wegen der Übernahme der Regierungsgeschäfte mit dem Kreisausschuß in Speyer. Dieser erklärte sich nach einer kurzen Bedenkzeit unter der Voraussetzung hierzu bereit, wenn sämtliche Separatisten aus den Ämtern entfernt werden. Dieser Forderung wurde entsprochen, allerdings mit einer Gegenforderung der Franzosen, daß in der Pfalz nichts mehr gegen die Separatisten unternommen wird. Auf der Gegenseite sollen die ausgewiesenen Beamten sofort zurückkehren dürfen.
Nachdem sich die Separatisten in der Nacht vom 16./17. Februar aus den noch in ihren Händen befindlichen Städten Neustadt, Kaiserslautern, Kirchheimbolanden, Frankenthal, Rockenhausen und Ludwigshafen zurückgezogen hatten, übernahm der Kreisausschuß am 17. Februar um 8 Uhr wieder die Regierungsgewalt in der Pfalz.
Trotz der Abmachungen von Speyer setzte der Druck der Franzosen auf die Bevölkerung wieder wie früher ein. Pirmasens, das durch die Vertreibung der Separatisten den anderen pfälzischen Städten ein Signal gesetzt und dadurch den Wandel herbeigeführt hatte, lag ihnen besonders am Herzen. Bereits einen Tag nach dem Sturm auf das Bezirksamt rückten zwei marokkanische Kompanien in die Stadt ein. Gleichzeitig setzte eine Verhaftungswelle ein, bei der innerhalb von einigen Tagen über 60 Personen inhaftiert wurden. Über 100 Personen entzogen sich der Verhaftung durch die Flucht über den Rhein. Am 15. Februar wurde von den Franzosen der Belagerungszustand über Pirmasens verhängt. Am 18. Februar wurde eine Liste von Geiseln aufgestellt, um angeblich ein Blutbad wie am 12. Februar zu vermeiden. Dadurch stieg die Erregung in der Bevölkerung aufs äußerste, so daß sie am 20. Februar durch die Funkstation Nauen einen Hilferuf an die Welt sandte.
Trotz der Schwierigkeiten, die die Franzosen den pfälzischen Behörden in den Weg legten, konnten sämtliche Bezirksämter bis zum 20. Februar ihre Tätigkeit wiederaufnehmen. Dieses erfreuliche Ereignis war aber noch keine sichere Garantie für eine erfolgreiche Befriedung der Pfalz. Im Gegenteil, die Verhaftungen gingen besonders in Pirmasens unbeschränkt weiter. Zu dem am 15. Februar in Pirmasens verhängten Belagerungszustand wurde am 27. Februar eine nächtliche Verkehrssperre verhängt. Die Separatisten wurden trotz des Abkommens von Speyer weiterhin unterstützt.
Es würde hier zu weit führen, alle größeren Ereignisse anzuführen, die sich während der Besatzungszeit zugetragen haben. Aber auf eine Tatsache muß an dieser Stelle noch hingewiesen werden, weil sie auch Thaleischweiler betrifft. Es ist der Raubbau in den pfälzischen Wäldern, der von den Franzosen betrieben wurde. Ohne Rücksicht auf forstwirtschaftliche Notwendigkeiten und daraus entstehende Schäden wurden große Kahlschläge, in den meisten Fällen der wertvollsten Hölzer, vorgenommen. Auch der schöne hochgewachsene Tannenwald im Riesloch fiel einem solchen Kahlschlag zum Opfer. Die Verhältnisse während der Besetzung besserten sich erst durch das Londoner Abkommen, das am 30. August 1924 abgeschlossen wurde. Durch diesen Vertrag wurde die politische und wirtschaftliche Einheit Deutschlands wiederhergestellt und die deutschen Behörden in den besetzten Gebieten wiedereingesetzt, darunter die Zoll-, Eisenbahnen- und Forstbehörden. Daneben mußten alle Bergwerke, Industrie- und Schiffahrtsunternehmen an die Eigentümer zurückgegeben werden. Die Beschränkungen im Personen- und Güterverkehr, auch zwischen dem besetzten und unbesetzten Gebiet, wurden aufgehoben. Die Ausgewiesenen konnten wieder in ihre Heimat zurückkehren, die politischen Gefangenen wurden freigelassen. Die Träume der Separatisten von der „freien" autonomen Pfalz und dem Anschluß an Frankreich waren damit ausgeträumt; ihre Führer setzten sich meistens ins Ausland ab.
Damit war das Deutsche Reich noch einmal knapp an der Katastrophe vorbeigegangen, die durch den verlorenen Krieg und die Besetzung des linken Rheinufers, durch die Putschversuche von links und rechts, durch die Besetzung des Ruhrgebietes mit dem passiven Widerstand, durch die Inflation und den Separatismus heraufbeschworen worden war.
Im Jahr 1925 war unser Ort plötzlich wieder in den Mittelpunkt der umliegenden Ortschaften gerückt. Die Familie Karl Neu hatte nämlich am 25. April in der Hauptstraße ein Kino eröffnet, für die damalige Zeit geradezu eine Sensation. Nun kamen die Leute aus allen Himmelsrichtungen herbei, um das neue Wunder zu bestaunen. Thaleischweiler war damit zu einem kulturellen Mittelpunkt geworden.
Die Besetzung des Ruhrgebietes durch Franzosen und Belgier, der passive Widerstand und die Inflation sowie die Übernahme der Eisenbahnen und anderer Schlüsselindustrien in den besetzten Gebieten hatten einen schnellen Niedergang der deutschen Wirtschaft und damit auch ein schnelles Ansteigen der Arbeitslosenzahl zur Folge. Der Versailler Vertrag und die damit verbundenen Reparationszahlungen taten ein übriges. Bedrohlich wurde die Wirtschaftslage durch die allgemein im Jahre 1928 einsetzende Weltwirtschaftskrise. Sie betrifft besonders hart die Pfalz und hier wieder den Raum Pirmasens. Hier sind die höchsten Arbeitslosenziffern von ganz Deutschland zu verzeichnen. Hart betroffen ist natürlich auch die Schuhindustrie in Thaleischweiler-Fröschen, wo die Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 1932 bedenkliche Formen angenommen hat. In jener Zeit mußten die Arbeitslosen noch dreimal in der Woche auf dem Bürgermeisteramt „stempeln", das heißt sie mußten sich dort melden und bekamen einen Stempel in ihre Arbeitslosenkarte. Außerdem wurden sie zu Feld- und Waldweginstandsetzungsarbeiten oder sonstigen öffentlichen Arbeiten eingesetzt.
Auf der Haager Konferenz wurde am 30. August 1929 zwischen England, Frankreich, Belgien und Deutschland die Räumung des besetzten linken Rheinufers vereinbart. Diese sollte bis spätestens 30. Juni 1930 abgeschlossen sein. In der Nacht vom 30. Juni/1. Juli läuten die Glocken die Stunde der Befreiung ein. Auf dem Galgenhübel, wo sich fast das ganze Dorf versammelt hatte, leuchtete ein Freudenfeuer in den nächtlichen Himmel. Eine elfjährige Leidenszeit hatte damit ihr Ende gefunden.
Ein Jahr später konnten die Katholiken von Thaleischweiler, die bisher nach dem benachbarten Maßweiler zum Gottesdienst gehen mußten, ihre unter vielen Opfern erbaute Kirche am 6. September 1931 einweihen. Die Weihe nahm Bischof Dr. Ludwig Sebastian von Speyer vor, der auch am 4. August 1929 die feierliche Grundsteinlegung vorgenommen hatte.

Nach den Jahren der Drangsale, der Knecht- und Fremdherrschaft folgten lange Jahre des Friedens, in denen sich die beiden Orte Thaleischweiler und Fröschen frei entfalten konnten. Thaleischweiler, über 600 Jahre zweiherrisch, war endlich wieder unter einer Herrschaft vereinigt. Beide Orte bildeten seit der Zugehörigkeit zu Bayern und seit der Verwaltungsgliederung im Jahr 1818 eine politische Gemeinde, mit einer gemeinsamen Bürgermeisterei, der auch Höhfröschen angehörte. Sie wurde erst im Jahre 1921 aufgelöst. Die Bürgermeister haben offensichtlich zwischen den beiden Orten gewechselt. Wenn der eine Ort den Bürgermeister stellte, stand dem anderen der Adjunkt (Beigeordnete) zu. Im Jahre 1819 war zum Beispiel Jakob Ludy von Thaleischweiler Bürgermeister, während Jakob Gölter aus Thalfröschen Adjunkt war"1>. Im Jahre 1835 wird Jakob Gölter als Bürgermeister genannt. Ihm standen Christian Ludy aus Thaleischweiler und Christoph Knecht aus Höhfröschen als Beigeordnete zur Seite.
Die Orte gehörten damals zum Landkommissariat Pirmasens (1862 Bezirksamt, 1939 Landratsamt, seit 1974 Kreisverwaltung). Das Landkommissariat war in drei Kantone eingeteilt, nämlich Pirmasens, Dahn und Waldfischbach, wobei unsere Orte zum Kanton Pirmasens gehörten. Höheinöd kam zum Kanton Waldfischbach; die Zugehörigkeit zur Pfarrei Thaleischweiler blieb auch in diesem Fall weiterhin bestehen.
Im Jahre 1819 wird der Name „Thaleischweiler" zum erstenmal amtlich erwähnt13). Da auch der Name „
Thalfröschen" bereits ein Jahr früher erscheint'''), ist anzunehmen, daß die neuen Ortsbezeichnungen von Amts wegen im Rahmen der Verwaltungsgliederung im Jahr 1818 eingeführt wurden, um Verwechslungen zu vermeiden. Daß daneben im Volksmund die alten Namen „Eschwiller" und „Fröschen" verwendet wurden, wie dies auch heute noch der Fall ist, versteht sich von selbst.
Mit der Angliederung der Pfalz an Bayern waren aber die Probleme aus der Vergangenheit noch nicht gelöst. Die Losbauern aus Thaleischweiler hatten vor der französischen Besetzung das Land in fünf- bis sechsjährigem Wechsel von beiden Herrschaften zum Anbau erhalten, wofür sie die Zehnten abführen mußten. Während der französischen Besatzungszeit und der anschließenden Zugehörigkeit zu Frankreich wurde das Land zum Nationaleigentum erklärt und an die Bauern verpachtet. Als die französische Herrschaft gegen Ende des Jahres 1813 ins Wanken geriet, hatten die Losbauern in Thaleischweiler unter Ausschluß der übrigen Einwohner nicht allein das gemeinschaftliche, sondern auch privat leiningische Wilderungsland unter sich aufgeteilt, ohne daß die Obrigkeit mitgewirkt oder eine Vermessung stattgefunden hat. Die einzelnen Anteile wurden 1819 in ein eigens errichtetes Sektionsbuch eingetragen. Erst am B. April 1824 wurden die Anteile durch höhere Entschließung mit den inzwischen eingetretenen Änderungen durch legale Urkunden bestätigt.
Auf diese Weise waren die Ländereien, wenn auch nicht ganz legal, in den Besitz einiger Bauern übergegangen und durch die Regierung bestätigt worden. Damit war ein seit Jahrhunderten bestehender, aus dem Feudalsystem des Mittelalters hervorgegangener Zustand, der sich bis in jene Tage herübergerettet hatte, endgültig beseitigt. Im Gegensatz zu Höheinöd, wo das Land nach einer Verfügung der Königlich Bayerischen Regierung vom 17. April 1820 gegen einen mäßigen, ablösbaren Grundzins zu gleichen Teilen unter die Einwohner verteilt wurde17'), waren in Thaleischweiler nur die früheren Losbauern Nutznießer der Landaufteilung. Und die Regierung gab dazu noch ihren Segen.
Aus dem Jahre 1827 gibt es einen interessanten Versteigerungsvermerk. Darin heißt es: „Künftigen 10. August, Morgens 9.00 Uhr, wird durch den Unterschriebenen, auf dem Bürgermeisteramt zu Thaleischweiler, vermöge Weisung von Hoher Königlicher Regierung, das sogenannte alte Stadthaus und drey Stückchen Acker- und Wiesenland, der Gemeinde Thaleischweiler zustehend, unter guten Zahlungsterminen zu Eigentum versteigert werden. Waldfischbach, den 19. July 1827, Fasco, Notar. Hier ist von einem alten Stadthaus die Rede. Wo dieses Stadthaus gestanden haben soll, ist nicht überliefert.
In den Jahren 1826/27 hatten die Juden, die bereits im Jahr 1825 mit 99 Seelen in Thaleischweiler vertreten waren18>, an die Regierung in Speyer verschiedene Anträge zum Bau einer Synagoge gestellt, der ihnen schließlich auch genehmigt wurde. Sie hatten das Haus in der Klostergasse 4 (heute Allamoda) für 600 Gulden gekauft und für 1 000 Gulden zu einer Synagoge umgebaut. Damit hatte auch die jüdische Gemeinde einen religiösen und kulturellen Mittelpunkt in Thaleischweiler. Im Jahr 1912 wohnten in Thaleischweiler einschließlich Thalfröschen noch 19 Juden, so daß die jüdische Gemeinde nicht mehr stark genug war, um Gottesdienste abhalten zu können. Die Synagoge wurde daher geschlossen19).
Aus den folgenden Jahren ist außer der friedlichen Entwicklung des Ortes nichts Wesentliches zu berichten. Die Regierung versuchte durch geeignete Maßnahmen die Landwirtschaft, den Handel und das Handwerk als die drei Säulen einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung zu fördern, wobei die Landwirtschaft immer noch eine beherrschende Rolle spielte. An Industrie war zu jener Zeit in unserem Ort noch nicht zu denken. Die friedliche Aufwärtsentwicklung schlägt sich in den Einwohnerzahlen der beiden Orte nieder. Diese waren in Thaleischweiler von 744 im Jahr 1825 innerhalb von zehn Jahren auf 827 (+11,16 Prozent) und in Thalfröschen (einschließlich Höhfröschen) von 533 auf 605 (+11,35 Prozent) gestiegen'80).
Im Jahr 1846 wird auch die bis jetzt bestandene Floßbarkeit (Flößerei) des Schwarzbachs durch Verfügung der königlichen Regierung in Speyer aufgehoben. Der Schwarzbach hatte ursprünglich einen sehr gewundenen Lauf, wodurch größere Überschwemmungen zu ausgedehnten Sumpfbildungen im Tal führten. Darum war man schon sehr früh bemüht, Begradigungen vorzunehmen, um die Schäden zu beseitigen. Bereits im Jahr 1807 wurde durch die französische Regierung ein Auftrag für die Planung einer Regulierung des Schwarzbachs von der steinernen Brücke bis Stambach vergeben. Die Begradigung in Thaleischweiler-Thalfröschen fand aber erst in den Jahren 1855/56 statt. Ihr fiel die Eischweiler wie auch die Dellfelder Mühle zum Opfer.

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